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Sudetendeutscher Tag 2014, Teil 3Warum man den Witikobund in der Stadt nicht dulden kannNach wie vor Anhaltspunkte für rechtsextreme Betrebungen. Andere Gesinnungsgemeinschaften der Sudetendeutschen Landsmannschaft z. T. in Frontstellung zum Witikobund
Im zweiten Teil dieser Artikelreihe haben wir das Verhältnis von Sudetendeutscher Landsmannschaft (SL) und Witikobund behandelt.[1] Dabei sind wir auf einen Mangel an Distanz gestoßen, der zum Teil erschreckend ist. Auf der anderen Seite gibt es substantielle Unterschiede zwischen dem Witikobund und den anderen Gesinnungsgemeinschaften wie zum Beispiel der sozialdemokratischen Seliger-Gemeinde oder der katholischen Ackermann-Gemeinde. Es kommt nicht von ungefähr, wenn der Verfassungsschutz eine „Verdichtung von Anhaltspunkten für rechtsextremistische Bestrebungen“ beim Witikobund feststellt. Es gibt also triftige Gründe, warum Veranstaltungen des Witikobundes in der Stadt und von der Stadt nicht geduldet werden dürfen. Wenn die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) den Witikobund regelmäßig in die Stadt einschleift, so soll sie die Konsequenzen tragen und selbst nicht mehr auftreten dürfen. Warum man den Witikobund in der Stadt nicht dulden kannMan braucht sich nur den jüngsten Witikobrief[2] ansehen und man weiß in etwa, wohin der Hase läuft beim Witikobund. Er läuft stramm nach rechts. Da wird in Bezug auf den Ersten Weltkrieg von einer „bröckelnde[n] Alleinschuldthese“ gehandelt. Dem „Kriegswillen in Teilen der britischen Regierung“ habe ein „Antigermanismus in der Öffentlichkeit“ entsprochen. Prominenter Zeuge dafür sei Hans Grimm gewesen, Autor von „Volk ohne Raum“. Dafür, dass Deutschland den Ersten Weltkrieg ausgelöst hat, gebe es keine Beweise. Da wird ein „Krim-Vergleich“ Schäubles mit folgender Stellungnahme zurückgewiesen:
Unter der Überschrift „Was können wir von der Europawahl erwarten?“ heißt es an anderer Stelle im jüngsten Witikobrief:
Es habe sehr wohl Gelegenheiten gegeben für die Parteien, auf europäischer Ebene Flagge zu zeigen für die Ziele der Vertriebenen, zum Beispiel vor dem Petitionsausschuss in Brüssel bei einer Beschwerde von Ungarn gegen die Beneschdekrete oder vor EU-Gerichten, zum Beispiel bei einer Klage der „Preußischen Treuhand“. Hier habe namentlich auch die CSU versagt. Ganz gezielt macht sich der Witikobund an die AfD heran. Im Parteiprogramm der AfD gebe es „einen Satz, an den sich bei richtigen Verständnis auch Vertriebene klammern könnten“:
In affirmativer Weise wird im Witikobrief über eine Aktion von deutschen und tschechischen Neofaschisten berichtet, die nach Karlsbad/Karlovy Vary ausgewichen waren, „nachdem Trauerkundgebungen zur Erinnerung an den Bombenangriff auf Dresden am 13. Februar 1945 in Dresden selbst so gut wie unmöglich gemacht wurden“. Die Anmelder der Veranstaltung wurden vom Witikobund als „tschechische Freunde“ bezeichnet. In der Prager Zeitung wurde die Veranstaltung als Neonazi-Treffen bezeichnet und darauf hingewiesen, dass sowohl die deutsche Partei „der Dritte Weg“ unter Führung des rechtsradikalen ehemaligen NPD-Funktionärs Klaus Armstroff als auch das Internetportal svobodnyodpor.cz, das von tschechischen Rechtsextremisten betrieben wird, zu der Veranstaltung eingeladen haben.[3] Der Witikobund vermerkt auch, dass eine Tschechin und ein Ungar von der Partei Morgenröte zu Wort gekommen seien. Antifaschistische Gegner seien in der Minderzahl gewesen und hätten die Redner nicht übertönen können. Ein weiterer Beitrag im Witikobrief ist betitelt „Unter dem Kreuz – einhundert Millionen Christen sind die Opfer“. Nach Erkenntnissen des Hilfswerks „Open Doors“ würden weltweit hundert Millionen Christen wegen ihres Glaubens an Jesus Christus verfolgt. Sie seien damit heute die am stärksten verfolgte Religionsgemeinschaft. Bei „Open Doors“ handelt es sich um ein 1955 gegründetes überkonfessionelles christliches Hilfswerk, dass in über 50 Ländern tätig ist. Die deutsche Niederlassung des internationalen Werkes (früher „Offene Grenzen“) befindet sich in Kelkheim bei Frankfurt am Main und steht der Evangelischen Allianz nahe.[4] Selbstverständlich standen am Anfang die sozialistischen Länder Osteuropas und China im Fokus der Tätigkeit von Open Doors. Diese Aktivitäten könnte man auch als Wühlarbeit hinter dem „Eisernen Vorhang“ bezeichnen und erschöpften sich mit Sicherheit nicht in der heimlichen Lieferung von Bibeln. Der Witikobund will hier wahrscheinlich eine Tendenz der Landsmannschaft abstützen, sich neben der „Kirche in Not“, einem pastoralen Hilfswerk päpstlichen Rechts, mit „Open Doors“ überkonfessioneller, d. h. auch evangelischer Unterstützung zu bedienen. Die Zielsetzungen und Operationsweisen sind etwa die gleichen, auch „Kirche in Not“ fußt auf aktivem Antikommunismus hinter den feindlichen Linien, also auf dem Territorium sozialistischer Staaten. Kirche in Not nannt sich früher „Ostpriesterhilfe“.[5] Sich stärker auf Open Doors zu verlegen, diese Strategie scheint auch der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk, zu empfehlen.[6] Weiter geht’s beim rechtsextremen Parforceritt des Witikobundes durch die Geschichte mit dem Marshallplan:
Die Vergleichszahlen und Belege für diese Behauptung nimmt der Witikobund u. a. von Hellmut Diwald, einem „revisionistischen Historiker der ersten Stunde“ (Claus Leggewie). Auch Golo Mann bezeichnete das Werk Diwalds, welches „Alt- und Neonazis mit Freude einschlürfen“ würden, als revisionistisch. Selbstverständlich machte sich Diwald auch einen Namen durch Relativierung des Holocaust. Der Holocaust sei zwar „eins der grauenhaftesten Geschehnisse der Moderne“ gewesen, jedoch „durch bewusste Irreführungen, Täuschungen, Übertreibungen für den Zweck der totalen Disqualifizierung eines Volkes“ ausgebeutet worden. Die Todesrate im KZ Auschwitz-Birkenau sei nur deshalb so hoch gewesen, weil dort die nicht arbeitsfähigen Häftlinge konzentriert worden seien. Heinrich Himmler selbst habe sich um eine Senkung der Todesrate bemüht, unter der Endlösung der Judenfrage sei zunächst nicht die planmäßige Ermordung, sondern Auswanderung und Deportation der Juden in den Osten zu verstehen gewesen. …[7] Hellmut Diwald hat 1990 die Präambel für das zweite Parteiprogramm der Republikaner verfasst. Es verwundert uns nicht, dass Diwald nicht nur Gründungsmitglied der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste und Mitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft war, sondern auch Funktionär des Witikobundes. Weiter geht es im Witikobrief mit einem Abschnitt „Der tschechische Nationalsozialismus“ und der klaren Ansage: „Es ist eine Binsenwahrheit, dass der Nationalsozialismus eine Erfindung der Tschechen ist.“ Folgerichtig bietet der Witikobund auch Bücher an wie „Tschechen als Kriegstreiber. Kramasch, Masaryk, Benesch – Zerstörer Europas“ von Hans Meiser. Es erscheint im Hohenrain Verlag, ein Tochterunternehmen des Grabert Verlags, die beide lt. Wikipedia „große Verlage des deutschen Rechtsextremismus“ sind.[8] Im Kurztext des Hohenrain-Verlags heißt es zu dem Buch:
Der Autor Hans Meiser war bis 2002 Chefredakteur des rechtsextremen Strategie- und Theorieorgans „Opposition“, das in der Sudholt VGB Verlagsgesellschaft erschien. Der Verleger Sudholt wurde 1999 vom Schöffengericht Starnberg wegen Volksverhetzung zu vier Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 4.000 DM verurteilt, weil er ein Buch verkaufte, in dem Sätze standen wie: „Die Juden sind unbelehrbar und haben den Antisemitismus selbst zu verantworten.“ Ab 2002 wurde die Zeitschrift „Opposition“ abgelöst durch die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift „Deutsche Geschichte“. Auch hier wird Hans Meiser Chefredakteur und erzielte damals eine Auflage von 12.500 Exemplaren. Dem Redaktionsbeirat gehörte auch Karl Richter an, damals auch Redakteur von „Nation & Europa“.[10] Karl Richter sitzt für die Bürgerinitiative Ausländerstopp im Münchner Stadtrat, ist derzeit als Leiter des Parlamentarischen Beratungsdienstes der NPD-Landtagsfraktion im Sächsischen Landtag tätig und hat es aktuell bis zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der NPD gebracht. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht „tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextreme Bestrebungen des Witikobundes“Bis 1967 wurde der Verein Witikobund e. V. vom Bundesministerium des Innern als rechtsextrem eingestuft. Im Dezember 2001 gab die Bundesregierung auf eine Anfrage der PDS an, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz beim Witikobund eine „Verdichtung von Anhaltspunkten für rechtsextremistische Bestrebungen“ festgestellt habe. Einen solchen Anhaltspunkt stelle etwa die „Häufung antijüdischer Textstellen“ in der Publikation Witikobrief dar. Als Beispiel nannte die Bundesregierung zum Beispiel:
Ein triftiges Argument der PDS war damals auch die Zusammenarbeit (bis hin zu einem Kooperationsabkommen) der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ (JLO) mit dem Witikobund, obwohl oder gerade weil die JLO wegen rechtsextremistischer Umtriebe aus der „Landsmannschaft Ostpreußen“ ausgeschlossen wurde. Die PDS formulierte in ihrer Bundestagsanfrage 2001:
Die erste Frage der Bundestagsfraktion der PDS lautete: „1. Hat die Bundesregierung, basierend auf dem genannten Material der Kleinen Anfragen, inzwischen eine Neubewertung über die Aktivitäten des „Witikobundes“ vorgenommen, und wenn ja, wie sieht diese aus?“ Die Antwort der Bundesregierung lautete: „Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat eine Verdichtung von tatsächlichen Anhaltspunkten für rechtsextremistische Bestrebungen festgestellt.“[13] Die Bundesregierung gab 2001 in ihrer Antwort auch zu, dass das Organ des Witikobundes, der Witikobrief, seit zehn Jahren ausgewertet werde. Im Jahr 2008 erneuerte die Fraktion Die Linke ihre Anfrage an die Bundesregierung »Beurteilung des „Witikobundes“ durch die Bundesregierung«.[14] In einer Vorbemerkung stellte Die Linke in ihrer neuerlichen Anfrage fest:
Die Fraktion der Linken fragte die Bundesregierung im Jahr 2008, ob sie an ihrer Einschätzung von 2001 festhalte, wonach beim Witikobund „eine Verdichtung von tatsächlichen Anhaltspunkten für rechtsextreme Bestrebungen festgestellt“ wurden. Die Antwort der Bundesregierung im Jahr 2008 lautete klipp und klar: „Die Bundesregierung hält an der getroffenen Einschätzung fest.“ Auch die Verbindungen des Witikobundes „insbesondere“ zur rechtsextremistischen „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschlands“ bestätigte die Bundesregierung erneut. Nimmt man die zehnjährige Auswertung des Witikobriefs durch das Bundesamt für Verfassungsschutz vor 2001 hinzu, so ergeben sich bis 2008 tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextreme Bestrebungen des Witikobundes immerhin über einen kontinuierlichen Zeitraum von 18 Jahren. Schon 2003 zeigte eine Kampagne von Forum und VVN gegen den Witikobund in Augsburg Wirkung
Im damaligen Taktieren mit der Ankündigung der Veranstaltung des Witikobundes kann man gewisse Parallelen zu heute erkennen. Auch in der Scheu des jeweiligen Oberbürgermeisters, damals OB Wengert (SPD), heute OB Gribl (CSU), den Kritikern vom Forum solidarisches und friedliches Augsburg oder der VVN zu antworten, gibt es Parallelen. Anlässlich des Auftritts von Pirincci auf der diesjährigen Witikobundveranstaltung liegt dem Oberbürgermeister erneut eine Protestnote der VVN in Form eines offenen Briefes vor, der bis dato nicht beantwortet wurde. Allerdings gibt es einen gravierenden Unterschied zu früher. Oberbürgermeister Gribl hatte diesmal soviel Format, dass er die Veranstaltung des Witikobundes mit Pirincci in seinem Grußwort vor dem Sudetendeutschen Tag öffentlich ablehnte. Soviel Format hatte der sozialdemokratische OB Wengert seinerzeit nicht. Nimmt man unsere aktuelle Auswertung des Witikobriefs II/2014 (siehe oben) zu den Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz, wie sie auf die Anfragen von PDS und Linke im Bundestag mitgeteilt wurden, hinzu, so ist unseres Erachtens die gleiche rechtsextreme Tendenz erkennbar. D. h., der Witikobund wandelt seit etwa 25 Jahren nachweisbar auf rechten Pfaden und verbreitet rechtes, revanchistisches, revisionistisches und rassistisches Gedankengut ohne Unterlass. Eine multinationale, multikulturelle Friedensstadt wie Augsburg kann und darf Veranstaltungen einer solchen Organisation auf dem Gebiet der Stadt nicht mehr dulden und schon gar nicht in den städtischen Messehallen, in der städtischen Kongresshalle oder im Goldenen Saal des Rathauses. Solange sich die Landsmannschaft nicht eindeutig distanziert vom Witikobund, sollte die Stadt von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und die SL nicht mehr reinlassen. Selbstverständlich darf es ohne Distanzierung der SL vom Witikobund auch keine Grußworte der Stadt oder Auftritte städtischer Vertreter bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft mehr geben oder gar städtische Zuschüsse oder Vergünstigungen für die SL. Eine Kranzniederlegung des ehemaligen Bundesvorsitzenden des Witikobundes, Reinfried Vogler, im Wittelsbacherpark am Ost-/Westpreußen-Mahnmal darf nicht mehr genehmigt werden. Auch Werbe- und Folkloreauftritte der Sudetendeutschen Landsmannschaft in der Fußgängerzone dürfen nicht mehr genehmigt werden, solange nicht gewährleistet ist, dass der Witikobund nicht dabei ist. Das Agieren des Witikobundes ist dermaßen rechts und revanchistisch, dass die anderen Gesinnungsgemeinschaften dagegenhaltenDas Agieren des Witikobundes ist dermaßen rechts und revanchistisch, dass die anderen Gesinnungsgemeinschaften – zumindest in ihren offiziellen Erklärungen – zum Teil direkt dagegenhalten. Ackermann-Gemeinde: „... in aller Entschiedenheit gegen alle totalitären Umtriebe in der SL“So gibt es zum Beispiel bei der konservativ-katholischen Ackermann-Gemeinde die Erklärung sudetendeutscher und tschechischer Christen zur Gestaltung der deutsch-tschechischen Nachbarschaft vom Dez. 1991 - Januar 1992. Dort heißt es (wir zitieren auszugsweise):
Diese Erklärung der Ackermann-Gemeinde stammt von 1992. Zur Jahrtausendwende bekräftigte die Ackermann-Gemeinde dieses Ansinnen und rief den Tschechen zu „Fürchtet Euch nicht vor uns!“.[18] Auch wenn solche Botschaften noch mit allerlei historischen Boshaftigkeiten und antikommunistischen Ressentiments behaftet sind, enthalten sie doch eine ernstzunehmende Tendenz, von Revanchismus Abstand zu nehmen und eine Verständigung mit dem tschechischen System und seiner Bevölkerung zu suchen. Und es gab diese Widersprüche zur Führung der SL und zum Einfluss des Witikobundes von Anfang an. So wurde Hans-Christoph Seebohm als stellvertretender Sprecher der Landsmannschaft z. B. von Walter Zawadil-Veith gewonnen, der dem Witikobund als Vorstandsmitglied angehörte und einer der führenden Aktivisten bei der Gründung der Sudetendeutschen Landsmannschaft war.[19] Über die Ackermann-Gemeinde wird berichtet, dass sie sich in der Gründungsphase der Sudetendeutschen Landsmannschaft gegen die Besetzung der SL-Spitzenämter mit Nationalsozialisten stemmte:
Auf der anderen Seite muss man wissen, dass die Ackermann-Gemeinde ein Verband in der katholischen Kirche Deutschlands ist. Sie ist grundsätzlich nach Bistümern gegliedert. Die Anmaßung der Zuständigkeit der (deutschen) Kirche auf die östlichen Staatsgebiete des Deutschen Reiches und die deutschen Siedlungsgebiete Ostmittel- und Südosteuropas war ein ganz wesentlicher ideologischer, politischer und organisatorischer Stützpfeiler für die parallel laufenden Anmaßungen der Vertriebenenverbände. Es war (und ist) eine unheilige Allianz mit reaktionärer Tradition.[23] Seliger-Gemeinde: „Richtigstellung und Versachlichung der historischen Geschehensabläufe“Die sudetendeutschen Sozialdemokraten haben sich in der Seliger-Gemeinde, der zweiten großen Gesinnungsgemeinde der SL, organisiert. Auch sie haben Anlass, das völlig verzerrte Geschichtsbild der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL), das aus einem völkischen Blickwinkel stammt und chronisch eingepeitscht wird durch den Witikobund, zu kritisieren. Eine dieser völkischen Grundlinien der SL, an der vor allem der Witikobund eisern festhält, ist, die Gründung der Tschechoslowakischen Republik 1918 als das eigentliche Übel zu betrachten, das 1938 durch das Münchner Abkommen dann völlig zu Recht korrigiert wurde. Diesen Auffassungen tritt die Seliger-Gemeinde direkt entgegen. Unter den politischen Zielen der Seliger-Gemeinde findet sich auf ihrer Homepage eine bemerkenswerte Passage:
Die Seliger-Gemeinde gründet sich auf die Tradition der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (DSAP) in der Tschechoslowakei und ist nach dem 1. Vorsitzenden, Josef Seliger, benannt. Die sudetendeutschen Sozialdemokraten wurden unter Hitler selbst verfolgt und befanden sich im Widerstand. Allerdings bildete sich um den späteren Parteiführer Wenzel Jaksch seit 1934 ein deutschnationaler Flügel heraus, dessen Vorstellungen eines gegen die Sowjetunion gerichteten „abendländischen Sozialismus“ mit großdeutschen Ambitionen von den Ansichten des Nationalsozialismus „gar nicht so weit ab standen“.[25] Die Historiker_innen Eva Hahn und Hans Henning Hahn wiesen nach, dass spätere Spitzenfunktionäre der Sudetendeutschen Landsmannschaft schon Ende der 30er Jahre selbst Vertreibungen, „Umsiedlungen“, „organisierten Bevölkerungsaustausch“ planten! Auch der sudetendeutsche Spitzenfunktionär Wenzel Jaksch, der seit Gründung der Seliger-Gemeinde 1951 15 Jahre deren Vorsitzender war und später auch Vizepräsident der SL und sogar Präsident des Bundes der Vertriebenen wurde, scheint auf diesem Trip gewesen zu sein. Dieses düstere Kapitel der SL wird bisher öffentlich überhaupt nicht erörtert. In ihrem bemerkenswerten Aufsatz „Die Sudetendeutsche Landsmannschaft und ihre ungeklärte Tradition“ schreiben Eva Hahn und Hans Henning Hahn:
Auch der Augsburger Altstadtrat Erich Sandner (SPD), langjähriger Vorsitzender der Seliger-Gemeinde Bayern und stellvertretender Bundesvorsitzender sowie Chefredakteur der Zeitschrift der sudetendeutschen Sozialdemokraten Die Brücke spielte eine gemischte Rolle.[27] Dennoch fanden sich in der Zeitschrift Die Brücke antifaschistische Beiträge und der ganzen Seligergemeinde kann ein antifaschistisches Moment nicht abgesprochen werden, was der Tendenz des Witikobundes natürlich diametral entgegensteht.
Peter Feininger, 22.6.2014 wird fortgesetzt Alle Artikel dieser Serie finden sich auf unserer Themenseite Sudeten, BdV (Bund der Vertriebenen) http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/index.htm
1] Sudetendeutscher Tag 2014, Teil 2: Der Geschäftsführer der Sudetendeutschen Landsmannschaft: Die Satzung muss „dringend überarbeitet werden“. Der Witikobund in Augsburg in der „Gasse der Wahrheit“. Sie könnte zur Sackgasse werden, 16.6.2014 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/140616_sudetendeutscher-tag-2/index.html 2] „Der neue Witikobrief zum Download, II/2014, Der Witikobund“, 18-Mai-2014. [Online]. Verfügbar unter: http://www.witikobund.de/der-neue-witikobrief-zum-download/. [Zugegriffen: 11-Juni-2014]. 3] [1]„Prager Zeitung - Neonazi-Treffen in Karlsbad geplant“, 13-Feb-2014. [Online]. Verfügbar unter: http://www.pragerzeitung.cz/index.php/home/nachrichten/17450-neonazi-treffen-in-karlsbad-geplant. [Zugegriffen: 15-Juni-2014]. [2]„Rechtsextremistische Demonstration mit bayerischer Beteiligung in Karlsbad — Bayern gegen Rechtsextremismus“, Feb-2014. [Online]. Verfügbar unter: https://www.bayern-gegen-rechtsextremismus.bayern.de/aktuelles/rechtsextremistische-demonstration-mit-bayerischer-beteiligung-in-karlsbad. [Zugegriffen: 15-Juni-2014]. 4] Nach Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Open_Doors 5] Vgl. hierzu ausführlich unseren Artikel 61. Sudetendeutscher Tag in Augsburg, Teil 4: „Großer Kulturpreis“ für Professor Grulich. Das „Ostanliegen“ des Kirchenhistorikers führt ihn an viele Fronten Europas, 4.10.2010 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/101004_sudetendeutscher-tag-4/artikel.pdf, speziell die Kapitel „Ostpriesterhilfe / Kirche in Not“ – Grulich schon sehr früh dabei und „Kirche in Not“: Weltkongress in Augsburg mit Mixa, Posselt, Otto von Habsburg, Steinbach und Grulich – eine Ersatzveranstaltung für den Sudetendeutschen Tag? 6] s. „Weltverfolgungsindex 2014 des Christlichen Hilfswerkes Open Doors veröffentlicht, Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten“, 08-Jan-2014. [Online]. Verfügbar unter: http://www.koschyk.de/allgemein/weltverfolgungsindex-2014-des-christlichen-hilfswerkes-open-doors-veroeffentlicht-17049.html. [Zugegriffen: 15-Juni-2014]. 7] Nach Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Hellmut_Diwald 8] Thematischer Schwerpunkt des Grabert- und Hohenrain-Verlags ist seit der Gründung der rechtsextreme Geschichtsrevisionismus zur Verharmlosung des Nationalsozialismus, etwa durch Leugnung oder Relativierung des Holocaust, der Schuld des NS-Regimes am Zweiten Weltkrieg und anderer NS-Verbrechen. Zu den Autoren des Verlags gehören verurteilte Holocaustleugner wie Wilhelm Stäglich, Germar Rudolf (hier meist unter dem Pseudonym „Ernst Gauss“) und David Irving sowie Rechtsextremisten wie Rolf Kosiek, Sigrid Hunke, Hellmut Diwald, Bernard Willms, Richard Eichler, Johann Braun und Ingrid Weckert. Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Grabert_Verlag 9] „Meiser, Hans: Tschechen als Kriegstreiber - Buchdienst Hohenrain“. [Online]. Verfügbar unter: http://www.buchdienst-hohenrain.de/Grabert-Hohenrain-Titel/Zeitgeschichte/Meiser-Hans-Tschechen-als-Kriegstreiber.html. [Zugegriffen: 15-Juni-2014]. 10] Nach „Kleine Textsammlung: Extrem rechtes Propagandamaterial beim ‚Tag der Reservisten‘. Geschichtsrevisionisten im Reservistenverband in Lüneburg. Weiterführende Informationen zu Gerd Schultze-Rhonhof, Gert Sudholt und Claus Nordbruch, Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen, ohne Datum“. [Online]. Verfügbar unter: http://www.antifa-lg.de/docs/reservisten.pdf. [Zugegriffen: 15-Juni-2014]. 11] „Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS – Drucksache 14/7560 – Beurteilung des ‚Witikobundes‘ und des ‚Witikobriefes‘ durch die Bundesregierung, Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 12. Dezember 2001 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.“, 13-Dez-2001. [Online]. Verfügbar unter: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/14/078/1407865.pdf. [Zugegriffen: 20-Juni-2014]. 12] Wir verweisen hier auf unsere Berichterstattung Vortragsveranstaltung des Witikobundes e. V. am 07.06.2003 im Rahmen des 56. Sudetendeutschen Tages. Thema: Beneš-Dekrete: neuer EU-Standard? Referent: Prof. Dr. Horst Rudolf Übelacker, 8.6.2003 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/030608_sdt/rede-uebelacker.htm 13] Ebd. 14] „Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen, Petra Pau und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 16/10657 – Beurteilung des ‚Witikobundes‘ durch die Bundesregierung, Deutscher Bundestag Drucksache 16/10755, Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 31. Oktober 2008 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.“, 03-Nov-2008. [Online]. Verfügbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/107/1610755.pdf. [Zugegriffen: 20-Juni-2014]. 15] Ebd. 16] Sudetendeutscher Tag 2003 in Augsburg. Stoiber: „Die Tschechische Republik bleibt im Focus der Beobachtung“, 8.6.2003 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/030608_sdt/index.htm 17] „Ackermann-Gemeinde: Erklärung sudetendeutscher und tschechischer Christen zur Gestaltung der deutsch-tschechischen Nachbarschaft, Dez. 1991 - Januar 1992“, Jan-1992. [Online]. Verfügbar unter: http://www.ackermann-gemeinde.de/cz/publikationen/erklaerung-sudetendeutscher-und-tschechischer-christen-zur-gestaltung-der-deutsch-tschechischen-nachbarschaft.html. [Zugegriffen: 17-Juni-2014]. 18] In diesen Tagen hörten wir die Botschaft des Weihnachtsevangeliums: Fürchtet Euch nicht! Diese Botschaft will uns allen Mut machen, aufeinander zuzugehen. Wir möchten sie aufgreifen und Euch sagen: Fürchtet Euch nicht vor uns! Wir sind nicht vollkommen, aber auch nicht so schlecht wie es Euch kommunistische und nationalistische Propaganda jahrzehntelang indoktriniert hat. Es ist nicht wahr, dass Eure ehemaligen Mitbürger die Geschichte rückgängig machen möchten. Ihre verantwortlichen Repräsentanten sind sich darin einig, dass es niemals zu einer neuen Vertreibung oder zu einer Enteignung der heutigen privaten Eigentümer kommen darf. Ihr und unser Drängen, die nach dem Zweiten Weltkrieg geschehene Vertreibung als solche zu verurteilen, zielt vielmehr darauf ab, eine Wertegemeinschaft von Tschechen und Deutschen zu festigen, die Vertreibungen für alle Zukunft ächtet und so zugleich das verletzte Gerechtigkeitsempfinden der Opfer heilt. Uns liegt daran, dass Unrecht - wer immer es verübt hat - auch so genannt wird. Aber wir werben zugleich dafür, dass sich immer mehr Menschen auch persönlich die Haltung zu eigen machen, zu der unsere kirchlichen und staatlichen Repräsentanten schon wiederholt öffentlich aufgerufen haben: aufrichtige Bereitschaft zur Versöhnung. „Sudetendeutsche Christen an Christen in der Tschechischen Republik, Ackermann-Gemeinde: Offener Brief zum Jahr 2000“, 2000. [Online]. Verfügbar unter: http://www.ackermann-gemeinde.de/publikationen/offener-brief-zum-jahr-2000.html?L=2. [Zugegriffen: 17-Juni-2014]. 19] „Walter Zawadil“, Wikipedia. 02-Juni-2014. 20] Beispielhaft hier nur eine Bemerkung von Eva Hahn und Hans Henning Hahn über Lodgman von Auen: … Der dortige Konferenzsaal [im Sudetendeutschen Haus in München] trägt bis heute den Namen des ersten Sprechers der „Volksgruppe“ nach dem Zweiten Weltkrieg, Rudolf Lodgman von Auen (1877 bis 1962). Auch er gehörte zu den Anhängern der NSDAP. So beglückwünschte er Hitler in einem Telegramm überschwänglich für den Triumph in München: „Am Tage des Einmarsches der deutschen Truppen in Teplitz-Schönau begrüße ich Sie, mein Führer, als den Vertreter des Reiches aus übervollem Herzen. Ich danke der Vorsehung, daß es mir gegönnt ist, diesen Tag zu erleben, auf dessen Kommen ich seit meiner Jugend gehofft und an den ich in den letzten zwanzig Jahren trotz der um sich greifenden Verzagtheit geglaubt habe. ... Sie, mein Führer, haben uns Vaterland und Heimat, dem deutschen Volke die Selbstachtung und den Glauben an seine nationale Idee gegeben, Europa aber den Weg gewiesen, ohne den es einer unvorstellbaren Vernichtung preisgegeben worden wäre …“ „Eva Hahn und Hans Henning Hahn, Die Sudetendeutsche Landsmannschaft und ihre ungeklärte Tradition“, ohne Datum. [Online]. Verfügbar unter: http://www.bohemistik.de/evahahn/heim.html. [Zugegriffen: 20-Juni-2014]. 21] Die Sudetendeutsche Partei (SdP) wurde in den letzten Jahren der ersten tschechoslowakischen Republik mit massiver Unterstützung des nationalsozialistischen Deutschen Reiches sukzessive zur „Fünften Kolonne“ Hitlers ausgebaut. Nach der Errichtung des Reichsgau Sudetenland auf dem Territorium der Tschechoslowakei 1938 wurde die SdP unmittelbar der NSDAP unterstellt. Der SdP-Vorsitzende Konrad Henlein erhielt die Titel eines Gauleiters und Reichsstatthalters des deutschen Reichsgaus Sudetenland und wurde von Heinrich Himmler zum „SS-Ehrenführer“ ernannt; er trat jedoch 1939 auch aktiv in die SS und NSDAP ein. Nach: „Sudetendeutsche Partei“, Wikipedia. 03-Juni-2014. 22] T. Weger, „Volkstumskampf“ ohne Ende?: sudetendeutsche Organisationen, 1945-1955. Peter Lang, 2008. teilweise einsehbar unter http://books.google.de/books?id=yq_nJGxWesIC 23] Wichtige Hinweise auf die Rolle der katholischen Kirche finden sich in unseren Artikeln: 61. Sudetendeutscher Tag in Augsburg, Teil 1: Unter ungünstigen Vorzeichen. Mit dem Katholizismus geraten auch die Vertriebenenverbände in Bedrängnis, 8.8.2010 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/100808_sudetendeutscher-tag-1/artikel.pdf 61. Sudetendeutscher Tag in Augsburg, Teil 2: Auflösung statt Revision der Grenzen – die Flucht nach vorne in ein christliches, ethnisiertes Europa der Volksgruppen. Nächster Sudetendeutscher Tag in Augsburg gefährdet – ein neuer Bischof soll‘s richten, 9.8.2010 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/100809_sudetendeutscher-tag-2/artikel.pdf 61. Sudetendeutscher Tag in Augsburg, Teil 4: „Großer Kulturpreis“ für Professor Grulich. Das „Ostanliegen“ des Kirchenhistorikers führt ihn an viele Fronten Europas, 4.10.2010 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/101004_sudetendeutscher-tag-4/artikel.pdf 24] „Die Politischen Ziele der Seliger-Gemeinde, Seliger Gemeinde, Bundesverband“, ohne Datum. [Online]. Verfügbar unter: http://www.seliger-gemeinde.de/content/politik.htm. [Zugegriffen: 17-Juni-2014]. 25] Pfitzner, Josef, Sudetendeutsche Einheitsbewegung. Werden und Erfüllung, Karlsbad-Leipzig 1937, S. 99., zitiert nach „Wenzel Jaksch“, Wikipedia. 15-Juni-2014. 26] „Eva Hahn und Hans Henning Hahn, Die Sudetendeutsche Landsmannschaft und ihre ungeklärte Tradition“, ohne Datum. [Online]. Verfügbar unter: http://www.bohemistik.de/evahahn/heim.html. [Zugegriffen: 20-Juni-2014]. 27] s. z. B. unsere Augsburger Sudeten-Special anlässlich des Sudetendeutschen Tags 2003 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Sudeten/030523_nachdenks/index.htm
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