![]() |
||||||
München, Hauptstadt der (ukrainischen) Bewegung? – Teil 2Stetskos Anti-Bolshevik Bloc of Nations (ABN) in der ZeppelinstraßeDie „Ukrainische Freie Universität“ in München
Im ersten Teil der Artikelserie „München, Hauptstadt der (ukrainischen) Bewegung?“ befassten wir uns nach einem Rückblick auf die Verbrechen Banderas und seiner Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) in den vierziger Jahren und den kalten Krieg der fünfziger Jahre mit Stepan Banderas Leben nach dem Tode in München.[1] Wir behandelten auch seinen Nachfolger Jaroslav Stetsko und dessen Frau. In diesem Artikel geht es um den Dritten im Bunde, Roman Schuchewytsch, sowie um die ungeheuerliche Kampforganisation des Kalten Krieges „Anti-Bolshevik Bloc of Nations (ABN)“, die von Stetsko in München geleitet und vom Bundesvertriebenenminister Oberländer unterstützt wurde. Außerdem geht es unter anderem um die „Ukrainische Freie Universität“ in München, die mitunter von OUN-Aktivisten geleitet wurde und von der weitreichende politische Aktivitäten organisiert werden. So bereitet ein Professor eine Anklage gegen Viktor Janukowitsch vor dem Internationalen Strafgerichtshof vor. Außerdem mischt sich die „Ukrainisch Freie Universität“ aktuell in die Gesetzgebung der Ukraine, zum Beispiel das Polizeirecht, ein. Der Dritte im Bunde: Roman SchuchewytschDer Dritte der von Juschtschenko geehrten Faschisten der ersten Stunde ist Roman Schuchewytsch (oder auch: Shushkevich). Auch er wurde vom orangen Präsidenten zum Held der Ukraine erkoren. Auch er bekam – noch vor Bandera – eine Briefmarke (Schuchewytsch 2007, Bandera 2009).
Bei so viel Ehre wundert uns nicht mehr, dass auch Schuchewytsch in den 30ern und 40ern für die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) „arbeitete“, sich an diversen Massakern beteiligte. Nur eines war anders als bei Stetzko und Bandera: Schuchewytsch ging nicht nach München, sondern wütete weiter in der Ukraine. Am 5. März 1950 fiel Schuchewytsch im Alter von 42 Jahren in einem Gefecht mit sowjetischen Sicherheitskräften in der Nähe von Lvov.
Die Judenpogrome in Lviv vom 30.6. bis 2.7.1941 während der ersten Tage der Nazi-Besatzung sind ein unbequemes Thema für die heutigen ukrainischer Nationalisten, die Banderas und Shushkevich‘s Vermächtnis folgen. Überfälle, Hinrichtungen, erzwungene Märsche auf Knien, öffentliche Demütigung von Frauen dauerten drei Tage. Zwischen 2000 und 7000 Menschen kamen um, die Deutschen fotografierten und filmten ihre Verbrechen, bei denen sie von Banderas Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und deren Volksmiliz (UPM) unterstützt wurden. Die Militanten der UPM sind zum Teil auf den Fotos erkennbar an den Armbinden in weiß oder in den Farben der ukrainischen Flagge. Zunächst trugen sie Zivilkleidung, später schwarze Uniformen und spezielle Schirmkappen. München, Zeppelinstraße 67: Stetskos Anti-Bolshevik Bloc of Nations (ABN)München, Banderas Wirkungsstätte bis zu seinem Tod 1959, ist, wie der Berliner Historiker Rossolinski-Liebe schildert, nach dem Zweiten Weltkrieg einer der zentralen Sammelpunkte ehemaliger Aktivisten der OUN und der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) im Westen gewesen. OUN-Mitglieder und Veteranen der Waffen-SS-Division „Galizien“ fanden eine neue Wirkungsstätte, beispielsweise in der Münchner „Ukrainischen Freien Universität“ (siehe weiter unten).
Von ihrem Zentrum in der Münchener Zeppelinstraße 67 aus führte der oben beschriebene OUN-Führer Jaroslaw Stetzko den „Antibolschewistischen Block der Nationen“, eine Kampforganisation des Kalten Kriegs, die – von Veteranen weiterer faschistischer Bewegungen wie der kroatischen Ustascha oder der slowakischen Hlinka-Partei mitgetragen – die Unterstützung des von 1953 bis 1960 amtierenden bundesdeutschen Vertriebenen-Ministers Theodor Oberländer fand. Zentren wie dasjenige in der Münchner Zeppelinstraße konnten errichtet werden, weil „die USA, Großbritannien, Westdeutschland und einige weitere westliche Länder ... in der OUN und der UPA Verbündete“ sahen und deshalb das ukrainische Exil unterstützten, erläutert Rossolinski-Liebe.[2] Juschtschenko zum ZweitenDer selbe Juschtschenko, der schon Bandera zum Nationalhelden erklärt hatte, und der im Westen ab 2004 als Demokrat der Orangen Revolution bekannt geworden war, ließ in München während seiner Amtszeit (2005 bis 2010) eine Ehrentafel anbringen: „Hier lebten und wirkten die Eheleute Jaroslaw und Jaroslawa Stetzko für die Freiheit der Ukraine. Wir gedenken Ihrer hervorragenden Leistungen. Präsident der Ukraine“. Die „hervorragenden Leistungen“ kennen wir ja inzwischen. Der Stadt München ist nun aus irgendeinem Grunde doch noch aufgefallen, was Stetzko 1941 von sich gegeben hatte, nämlich „daß die Juden vernichtet werden müssen und daß es zweckmäßig ist, in der Ukraine die deutschen Methoden der Judenvernichtung einzuführen“. Nun hat der Bezirksausschuss des Stadtviertels Au-Haidhausen, in dem sich die Stetzko-Gedenktafel befindet, ein Gutachten beantragt, das die öffentliche Ehrung eines Holocaust-Befürworters bewerten soll. „Es geht um die Frage“, heißt es in der „Süddeutschen Zeitung“: „Darf ein faschistischer Freiheitskämpfer (!) hier im öffentlichen Raum geehrt werden?“[3] Die Münchner Linke in einer Anfrage an den OB vom 17. September 2014: „(…) setzte er sich in einer Erklärung vom 30.6.1941 aktiv für die ‚Extermination der Juden in der Ukraine‘ ein. Welche Möglichkeiten hat die Stadt, diese geschichtsverfälschende Gedenktafel entfernen zu lassen?“ OB Reiter, SPD, antwortete am 20. Oktober schriftlich: „Sie soll vom damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko veranlasst und enthüllt worden sein. Eine Genehmigung der Stadt war hierfür nicht erforderlich.“ „Grundsätzlich kann jedermann eine Gedenktafel an seinem Privatbesitz anbringen, sofern der Inhalt des Textes nicht gegen Strafgesetze verstößt, die Anbringung den Sondernutzungsrichtlinien und baurechtlichen Bestimmungen entspricht und der Standort polizei- und ordnungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Bei der Tafel in der Zeppelinstraße 67 sind diese Voraussetzungen erfüllt.“[4] Jaroslaw und Slawa Stezko. Gedenktafel in München mit der Signatur des Staatspräsidenten der Ukraine, Febr. 2010 Cholo Aleman CC BY-SA 3.0 Wikipedia Fassen wir zusammen: Die Gedenktafel „soll“ von Juschtschenko enthüllt worden sein, er „soll“ also vor Ort gewesen sein. Der OB weiß also angeblich nicht, ob der Präsident der Ukraine in München war. Er kann das offensichtlich auch bei seinem Vorgänger Ude nicht erfragen. Das sollen wir wirklich glauben? Aber nicht nur Juschtschenko liebt Stetzko und Bandera, sondern auch unsere GeheimdiensteMünchen war nach dem Zweiten Weltkrieg der Sammelpunkt ukrainischer Faschisten, die dort umfassende politische Aktivitäten gegen die Sowjetunion entfalteten, wie der Berliner Historiker Rossolinski-Liebe belegen kann (auch dies wissen Ude und Reiter bestimmt nicht). German-Foreign-Policy.com berichtete im Mai 2014:
Die „Ukrainische Freie Universität“ in München1945 wurde in München die „Ukrainische Freie Universität“ (UFU) aufgebaut (vorher in Wien und Prag). 1947 erreichte das Kollegium eine Stärke von achtzig Hochschullehrern. Die UFU erhielt weitgehende Privilegien wie die offizielle Anerkennung durch die Bayerischen Staatsregierung mit dem Recht auf Promotion und Habilitation sowie dem Recht, die Titel Magister, Doktor und habilitierter Doktor zu vergeben. Zum Studium zugelassen werden ausschließlich nichtdeutsche Studierende mit guten Ukrainisch- und ausreichenden Deutschkenntnissen. Wer sollte das denn zwischen 1945 und 1990 sein außer rechten (west-)ukrainischen Exilanten? Das Studium ist kostenpflichtig. Im Jahre 2007 waren ca. 150 Studierende eingeschrieben. Von der bayerischen Staatsregierung wird die UFU laut Wikipedia mit 25.000 Euro jährlich unterstützt. Die UFU wurde von 1968 bis 1986 von Wolodymir Janiw geleitet, einem OUN-Aktivisten und alten Freund Banderas. „Die OUN gab in München Zeitungen heraus, besaß einen Verlag, der Bücher auf Deutsch, Englisch und Ukrainisch publizierte, und organisierte antisowjetische Protestaktionen“, berichtet Rossolinski-Liebe.[6] Die Universität ist in drei Fachgebiete unterteilt: die Fakultät für Staats- und Wirtschaftswissenschaften, die Fakultät für Ukrainistik und die Philosophische Fakultät. Zur Universität gehören das Wissenschaftliche Forschungsinstitut zur Erforschung deutsch-ukrainischer Beziehungen und das Institut für soziale Marktwirtschaft in der Ukraine. Die rund 48.000 Bände umfassende Bibliothek gilt als die größte ukrainische Spezialbibliothek in Westeuropa. Rektorin ist zurzeit Jaroslawa Melnyk (Eine Verwandtschaft mit Adrij Melnik, dem OUN-Gründer, ist nicht belegt. Der Name Melnik bedeutet „Müller“ und ist in der Ukraine weit verbreitet).[7] Bekannte Ehrendoktoren der UFA sind Bernd Posselt (Rechtsaußen der CSU, Sprecher der Sudentendeuschen Landsmannschaft, Paneuropa-Union, Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und zeitweise Pressesprecher Otto von Habsburgs) und Paul Kirchhof (früherer Bundesverfassungsrichter, Steuerrechtler, 2005 in Merkels „Kompetenzteam“). Die Münchner Abendzeitung weiß im März 2014 zu berichten:
Die Vereinigung der Ukrainischen Jugend (СУМ, Спілка Української Молоді)Die Vereinigung der Ukrainischen Jugend hat ihren deutschen Sitz – wen wundert’s noch - am Isarring 11 in München. Im Jahre 2009 feierte Sie den 100. Geburtstag und zugleich 50. Todestag Banderas. Am Samstag, den 27. September 2014 um zehn Uhr, fand im Pfarrsaal der UGKK (Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche – oder auch Ukrainische Katholische Kirche des Byzantinischen Ritus) in der Schönstraße 55, natürlich in München, die 35. Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung statt. Kein Wunder, dass die Priester dieser Kirche sich auch sehr gerne an Banderas Grab auf dem Waldfriedhof versammeln. 2014 warb die Organisation für einen „3-tägigen Euromaidan in München anlässlich der 50. Münchner Sicherheitskonferenz“ (der dann auch stattfand; siehe Teil 3 dieser Artikelserie).
Thomas Hacker, 7.12.2014 wird fortgesetzt Die Artikelserie findet sich unter themen/Osteuropa, GUS http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Osteuropa/index.htm
1] Teil 1 – München, Hauptstadt der (ukrainischen) Bewegung? Stepan Banderas Leben nach dem Tode in München. Weitere „Münchner“: Jaroslawa und Jaroslaw Stetzko, Von Thomas Hacker, 1.1.2015 http://www.forumaugsburg.de/s_3themen/Osteuropa/150101_muenchen-hauptstadt-der-ukrainischen-bewegung-1/index.html] 2] Auf einer Konferenz im Untergrund in der Nähe von Schytomyr in der nördlichen Ukraine auf Initiative der OUN Banderas und Stetskos wurde der Antibolschewistischer Block der Nationen (Anti-Bolshevik Bloc of Nations ABN) gegründet. Es handelt sich um einen Zusammenschluss nationalistischer, antisowjetischer und antirussischer Organisationen weltweit: „Free Armenia“ Committee, (Armenia) Man beachte: Hier ist keine einzige russische nationalistische Organisation beteiligt! Warum? Hier ist die Erklärung beim englischen Wikipedia: „Das Ziel des A.B.N. [Antibolschewistischer Block der Nationen] war, die Kommunisten von der Macht zu entfernen, die Sowjetunion zu beseitigen und sie in Nationalstaaten aufzuspalten. Nach dem in München im Jahr 1946 eine Organisationsstruktur geschaffen war, weitete der A.B.N. seinen Aktionsradius aus und begann die Emigration aus dem östlichen Europa auch aus anderen Ländern neben der Ukraine zu erfassen.“ [eigene Übersetzung] Man hat den nationalen Hebel bewusst angesetzt, alle „kleineren“ Nationen gegen die „Russen“ aufhetzten, um Zwietracht in der UdSSR zu säen. Die offizielle Enzyklopädie der Ukraine schreibt es deutlich: „Die Hauptquartiere und die Zellen des Antibolschewistischen Blocks der Nationen (Anti-Bolshevik Bloc of Nations ABN) organisierten antisowjetische Massenkundgebungen, Protestdemonstrationen, Pressekonferenzen, internationale Kongresse und die Verbreitung verschiedener Denkschriften. Der ABN kooperierte mit der Antikommunistischen Weltliga (World Anti-Communist League WACL) und dem Europäischen Friedensrates (European Freedom Council EFC). Vertreter des ABN und verwandter Organisationen nahmen an den Kongressen der WACL und des EFC teil. Ukrainer stellten die aktivste Gruppe innerhalb des ABN (speziell die OUN-B …) und waren auch die Hauptfinanziers seiner Aktivitäten. Die ABN-Organisationen hatten ihren Sitz von Anfang an in München.“ [eigene Übersetzung, Hervorhebungen von TH] Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. 3] Krass, Sebastian, und Frederik Obermaier. „Stepan Bandera: Ukrainischer Exilant von zweifelhaftem Ruf“. sueddeutsche.de, 8. Mai 2014, Abschn. muenchen. http://www.sueddeutsche.de/muenchen/stepan-bandera-in-muenchen-ukrainischer-exilant-von-zweifelhaftem-ruf-1.1953588. 4] „Anfrage: Gedenktafel für Nazi-Kollaborateur und Antisemiten – wer ist verantwortlich? An den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München Herrn Dieter Reiter, Brigitte Wolf (DIE LINKE), Cetin Oraner (DIE LINKE)“. RIS München - RatsInformationsSystem – Stadtrat, 17. September 2014. http://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/3432537.pdf. „Antwort auf die schriftliche Anfrage der Stadtratsgruppe der Linken im Münchner Stadtrat durch Oberbürgermeister Reiter: Gedenktafel für Nazi-Kollaborateur und Antisemiten – wer ist verantwortlich? Ihre Schriftliche Anfrage gemäß § 68 GeschO vom 17.09.2014 eingegangen am 17.09.2014, Az.: D-HA II/ V2 3204-21-0006“. RIS München - RatsInformationsSystem – Stadtrat, 20. Oktober 2014. http://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/3480356.pdf. 5] „Alte, neue Verbündete“. www.German-Foreign-Policy.com, 2. Mai 2014. zitiert nach: „Alte, neue Verbündete MÜNCHEN (Eigener Bericht)... - Unterstützt Günter Grass - Was gesagt werden muss“. Facebook, 4. Mai 2014. https://www.facebook.com/UnterstutztGunterGrassWasGesagtWerdenMuss/posts/865873016772754. 7] Ebd. 8] „Studenten und Lehrer bangen um die Heimat: Ukraine: Die Exil-Uni in München - Abendzeitung München“, 1. März 2014. http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.studenten-und-lehrer-bangen-um-die-heimat-ukraine-die-exil-uni-in-muenchen.a5de6b98-21ad-4cae-8fd1-95dcc7b132be.html
|
||||||
|