Problematisches Interview mit dem chinesischen Militärstrategen Tong Zhao

Laut Neuem Deutschland hält es China angeblich für „nutzlos, mit dem Westen zu reden“

24.9.2021

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Am 4. Juli 20 21 erschien im Neuen Deutschland ein Interview mit Tong Zhao: „China hält es für nutzlos, mit dem Westen zu reden“ ( 1 ), der fast gleichlautend, mit ähnlichen Überschriften, in den folgenden Tagen in diversen deutschsprachigen Zeitungen erschien ( 2 ) .

Der Interviewte Tong Zhao ist Senior Fellow im Nuclear Policy Program der Carnegie Endowment for International Peace mit Sitz in Peking am Carnegie-Tsinghua Center for Global Policy. Der Präsident dieser Gesellschaft in China ist Paul Haenle. Er hat im Pentagon für den Generalstabschef gearbeitet und später im Weißes Haus für Bush und Obama. Den Vorsitz der Dachgesellschaft Carnegie Stiftung für internationalen Frieden hat William J. Burns, ehemaliger Vizeaußenminister und jetziger Direktor der CIA.

Der Interviewer Fabian Kretschmer verkauft seine Artikel über China u.a. zu folgenden Themen: China auf Kuschelkurs mit Taliban, Heute Kabul, morgen Taipeh, Chinas neues Datenschutzgesetz – Staat darf weiter schnüffeln.

Auf den ersten Blick wird in diesem Interview die chinesische Sichtweise zu militärstrategischen chinesischen Angelegenheiten dargelegt. Dass stattdessen China militärische Aggressivität unterstellt wird, will ich i m F olgendem darlegen. Ich gebe hier jeweils eine Reihe von Fragen Fabian Kretschmers und Antworten Tong Zhaos komplett wieder und kommentiere. Ich beziehe mich in meiner Rezension vor allem auf „China‘s National Defense in the New Era – Chinas Landesverteidigung in der neuen A¨ra “ ( 3 ), ein relativ aktuelles Dokument des chinesischen Verteidigungsministeriums vom Juli 2019, das ich in einer Übersetzung durch deepl verwende und im Text verkürzt mit CND (China‘s National Defense) bezeichne.

Frage: Der Westen bemüht sich, Chinas militärische Aufrüstung zu begreifen. Wie würden Sie die übergeordnete Strategie der Volksrepublik beschreiben?

Antwort: Es gibt zwei Hauptkategorien: Das erste Ziel Chinas besteht darin, seine – laut Eigenwahrnehmung – nationalen Interessen verteidigen zu können. Dazu gehört die nationale Vereinigung mit Taiwan sowie die Sicherung von Territorialansprüchen, einschließlich der Landgrenzen zu Indien und den maritimen Ansprüchen im Südchinesischen Meer.
Daneben besteht für China auch ein neues Bedürfnis, nämlich seine wachsenden Auslandsinteressen schützen zu können: etwa wirtschaftliche Investitionen, oder die wachsende Anzahl an Staatsbürgern, die im Ausland Geschäfte machen oder studieren.

Kommentar: Im Papier der CND steht dazu folgendes:

„Da sich das wirtschaftliche und strategische Zentrum der Welt weiter in den asiatisch-pazifischen Raum verlagert, ist die Region zu einem Brennpunkt des Wettbewerbs zwischen großen Ländern geworden, was zu Unsicherheiten in der regionalen Sicherheit führt. Die USA stärken ihre Militärbündnisse im asiatisch-pazifischen Raum und verstärken die militärische Stationierung und Intervention, was die regionale Sicherheit noch komplexer macht. Die Stationierung des THAAD-Systems (Terminal High Altitude Area Defense) in der Republik Korea (ROK) durch die USA hat das regionale strategische Gleichgewicht und die strategischen Sicherheitsinteressen der Länder in der Region stark beeinträchtigt. In dem Versuch, den Nachkriegsmechanismus zu umgehen, hat Japan seine Militär- und Sicherheitspolitik angepasst und den Einsatz entsprechend erhöht, so dass es in seinen militärischen Bestrebungen stärker nach außen gerichtet ist. Australien baut sein Militärbündnis mit den USA und sein militärisches Engagement im asiatisch-pazifischen Raum weiter aus und strebt eine größere Rolle in Sicherheitsfragen an. …

Chinas Sicherheitsrisiken und -herausforderungen sollten nicht übersehen werden … Der Kampf gegen Separatisten wird immer akuter ... taiwanesische(n) Unabhängigkeit … Unabhängigkeit Tibets … Ostturkestans ... Es gibt nach wie vor Streitigkeiten über die territoriale Souveränität einiger Inseln und Riffe sowie über die Abgrenzung der Seegebiete. Länder außerhalb der Region führen häufig Luft- und Seeaufklärung über China durch und dringen illegal in Chinas Hoheitsgewässer sowie in die Gewässer und den Luftraum in der Nähe von Chinas Inseln und Riffen ein, was die nationale Sicherheit Chinas untergräbt … Chinesische diplomatische Vertretungen, Unternehmen und Mitarbeiter in aller Welt wurden bereits mehrfach angegriffen.“

Die Haltung der Chinesen ist – im Gegensatz zu den Ausführungen von Tong Zhao –, erst die Weltlage zu untersuchen und dann die unterschiedlichen Bedrohungslagen für China zu definieren und dann die innere Lage Chinas und auch hier die Bedrohungen zu definieren.

Tong Zhao unterstellt hier eine eher imperiale, konfrontative Haltung. Der Text der CND nimmt eher eine defensive Haltung ein.

Frage: Haben sich die militärischen Ambitionen verändert, seit Xi Jinping die Macht übernommen hat und das Land zu neuer Größe führen möchte?

Antwort: In Bezug auf die gerade erwähnte erste Kategorie ist die Denkweise mehr oder weniger gleich geblieben. China sieht die größte Herausforderung für seine Sicherheitsinteressen in anderen Großmächten, die sich einmischen könnten. Aber was sich geändert hat, ist das Tempo der militärischen Modernisierung. In den vergangenen Jahren konnte China aufgrund des schnellen Wirtschaftswachstums mehr in den Militärsektor investieren. Nachdem Xi Jinping an die Macht gekommen war, rief er dazu auf, den »Traum von einem starken Militär« zu verwirklichen.

Kommentar: Im Gegensatz dazu analysiert die CND:

„Die USA setzen auf technologische und institutionelle Innovationen, um eine absolute militärische Überlegenheit zu erreichen. Russland treibt seine ‚New Look‘-Militärreform voran. Das Vereinigte Königreich, Frankreich, Deutschland, Japan und Indien sind dabei, ihre Streitkräfte neu auszurichten und deren Struktur zu optimieren … Bei der Revolution in Military Affairs (RMA) mit chinesischen Merkmalen wurden große Fortschritte erzielt. Die Volksbefreiungsarmee (PLA, People‘s Liberation Army, Red.) hat jedoch die Mechanisierung noch nicht abgeschlossen und muss dringend ihre Informatisierung verbessern. Die militärische Sicherheit Chinas ist mit den Risiken einer technologischen Überraschung und einer wachsenden technologischen Generationslücke konfrontiert. Um den Anforderungen an die nationale Sicherheit gerecht zu werden, müssen größere Anstrengungen in die Modernisierung des Militärs investiert werden. Die PLA liegt immer noch weit hinter den führenden Militärs der Welt zurück“

Wenn die Mechanisierung noch nicht abgeschlossen ist, laufen Teile der Soldaten noch zu Fuß und können nicht transportiert werden. Ebenso ist die computergestützte Informationsbeschaffung (Informatisierung) noch mangelhaft. Computergestützte Informationsbeschaffung ist heute von wesentlicher Bedeutung für die Gefechtsfeldbeurteilung und die Führung von Gefechten.

An beiden Punkte ist China eher dabei aufzuholen bzw. gleichzuziehen.

Frage: Chinas Militärausgaben steigen jährlich um rund sieben Prozent, liegen jedoch weltweit an zweiter Stelle – deutlich hinter den USA. Kritiker sagen, dass die offiziellen Zahlen Chinas militärische Macht nicht adäquat widerspiegeln.

Antwort: Als chinesischer Analyst bin ich nicht in der Lage, Chinas offiziell erklärte Militärhaushalte kritisch zu bewerten. Aber ich stimme Ihrer Beschreibung zu, dass ausländische Analysten unterschiedliche Ansichten darüber haben, wie glaubwürdig der offiziell verlautbarte Haushalt tatsächlich das Niveau der Militärinvestitionen widerspiegelt. Diese haben darauf hingewiesen, dass es schwer zu sagen ist, was genau im Verteidigungshaushalt enthalten ist, zum Beispiel bestimmte Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Und natürlich muss man auch die Kaufkraft eines Landes berücksichtigen. Das würde die Höhe des chinesischen Budgets im Verhältnis zu den Ausgaben anderer Länder erheblich verändern.

Kommentar: Tong Zhao deutet damit an, dass sich seine Haltung von der offiziellen chinesischen Sichtweise unterscheidet, aber er sich nicht äußern darf. Er tut es dann aber doch, indem er sich hinter ausländischen Analysten versteckt. Die Bewertung nach Kaufkraft gibt keine wesentliche Veränderung:

Laut statista betrugen die Militärausgaben der USA 2020 778 Milliarden Dollar, die Chinas 252 Milliarden Dollar (das sind 32,4 Prozent der amerikanischen) ( 4 ). Laut IWF ist die Prognose für 2020 beim kaufkraftbereinigten BIP: US 20,9 Billionen Dollar, China 24,1 Billionen Dollar, also rund 13,3 Prozent mehr ( 5 ). Damit würden die chinesischen Militärausgaben 2020 auf rund 286 Milliarden Dollar ansteigen und somit 36,8 Prozent der amerikanischen betragen. Das heißt, die Berücksichtigung der Kaufkraft macht einen Unterschied von 4,4 Prozent aus. Das ist keine signifikante Veränderung des chinesischen Budgets gegenüber dem der USA.

Dass bestimmte Ausgaben unter Umständen nicht enthalten sind, ist aus den westlichen Militärhaushalten geläufig.

Frage: Inwiefern beschleunigt der Westen – insbesondere die USA – mit seiner deutlich aggressiveren Chinapolitik die Militarisierung Pekings?

Antwort: Wenn China eine größere Bedrohung durch die USA wahrnimmt, dann wächst die Dringlichkeit für Peking, seine militärische Macht weiter aufzubauen, um dieser wahrgenommenen Bedrohung entgegenzuwirken.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: China hatte bislang eine eher zurückhaltende Nuklearstrategie gefahren. Das Nukleararsenal war jahrzehntelang viel kleiner als das der Vereinigten Staaten, weil Chinas allgemeine Sicherheitsbeziehung zu den USA während dieser Zeit zwar nicht gut, aber relativ stabil war. China sah keine unmittelbare nukleare Bedrohung durch die USA.

Frage: Doch jetzt baut China seine Nuklearstreitkräfte schneller auf als je zuvor.

Antwort: Chinas Führer Xi Jinping selbst hat dem chinesischen Militär befohlen, die Entwicklung strategischer Abschreckungsfähigkeiten zu beschleunigen. Das ist ein deutliches Signal von oberster Ebene. Und dahinter stehen mehrere treibende Kräfte.

Ursprünglich war Chinas Ziel immer, eine überlebensfähige und sichere Zweitschlagfähigkeit aufzubauen, damit die USA nicht in Betracht ziehen würden, China zuerst mit Atomwaffen anzugreifen. Es braucht also nur ausreichend Atomwaffen, um einen US-amerikanischen Erstschlag zu überleben, und dann genügend verbliebene Atomwaffen zu haben, um eine Vergeltung gegen das US-Festland zu starten.

Mittlerweile argumentieren viele chinesische Strategen jedoch, dass China seine Nuklearmacht aufbauen muss, weil die USA eine viel stärkere Feindseligkeit gegenüber China demonstrieren. Wenn man es analytisch betrachtet, ergibt das keinen Sinn. Denn egal wie feindselig der Gegner ist: Solange über eine sichere Zweitschlagfähigkeit verfügt wird, kann er davon abgehalten, zuerst Atomwaffen einzusetzen.

Kommentar: Tong Zhao versucht in seinen Antworten den Eindruck zu vermitteln, dass Xi Jinping diktatorischen Eigenschaften hat: „Er kam zur Macht – er befahl dem Militär“. Er bleibt den Nachweiß aber schuldig.

Zur Nuklearpolitik/Strategie hat die CND eine klare Haltung, die deutlich defensiver ist, als Tong Zhao mit der Andeutung von nicht benannten chinesischer Strategen unterstellt:

„China bekennt sich zu einer Nuklearpolitik, die zu keinem Zeitpunkt und unter keinen Umständen den Ersteinsatz von Atomwaffen vorsieht und die den bedingungslosen Verzicht auf den Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen gegen Nicht-Atomwaffenstaaten oder atomwaffenfreie Zonen vorsieht. China tritt für das endgültige vollständige Verbot und die gründliche Zerstörung von Atomwaffen ein. China beteiligt sich nicht an einem nuklearen Wettrüsten mit anderen Ländern und hält seine nuklearen Fähigkeiten auf dem für die nationale Sicherheit erforderlichen Mindestniveau. China verfolgt eine nukleare Strategie der Selbstverteidigung, deren Ziel es ist, die nationale strategische Sicherheit zu wahren, indem andere Länder davon abgehalten werden, Atomwaffen gegen China einzusetzen oder damit zu drohen.“

Tong Zhao klang in seinem Artikel für das Bulletin of the Atomic Scientists am 2.1.2019 ( 6 ) noch deutlich anders (eigene Übersetzung):

„Die von der Trump-Administration eingeführten Änderungen in der US-Atomwaffenpolitik haben neue Herausforderungen für die nuklearen Beziehungen zwischen den USA und China geschaffen. Dies geschieht zur gleichen Zeit, in der der bilaterale Wettbewerb immer ernster und sogar feindseliger wird. Als wichtigster externer Einflussnehmer auf Chinas Nuklearpolitik können die Vereinigten Staaten eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass die bilateralen Nuklearbeziehungen in einen tieferen, negativeren Kreislauf von Aktion und Reaktion geraten. Eine solche Anstrengung sollte mindestens fünf Elemente umfassen: mit gutem Beispiel vorangehen (und die richtigen Werte demonstrieren); versuchen, ein genaueres Verständnis von China zu erlangen; einen gemeinsamen Rahmen für die Aufrechterhaltung der nuklearen Stabilität finden; mit der Verringerung gemeinsamer Risiken beginnen; und China helfen, die US-Politik besser zu verstehen.“

Frage: „Inwieweit sollte das die USA beunruhigen?“

Antwort: „Die Vereinigten Staaten machen sich nicht unbedingt Sorgen, dass China Atomwaffen in einem militärischen Konflikt zuerst einsetzen wird. Aber sie sorgen sich um die Ungewissheit dahinter, warum Chinas Militär seine Nuklearstreitkräfte aufbaut: Einige Kritiker argumentieren, dass China in Zukunft seine traditionell bescheidene Nuklearhaltung ändern und sein Arsenal zunehmend als Mittel von Druckausübung statt Abschreckung einsetzen könnte.“

Kommentar: Im jährlichen Bericht von 2020 des amerikanischen Verteidigungsministerium an den Kongress steht (im Original Seite ix) (eigene Übersetzung) ( 7 ):

„Nukleare Abschreckung

• Chinas strategische Ambitionen, die sich verändernde Sicht auf die Sicherheitslandschaft und die Sorge um die Überlebensfähigkeit führen zu erheblichen Veränderungen bei Umfang, Fähigkeiten und Bereitschaft der chinesischen Nuklearstreitkräfte.

• Chinas Nuklearstreitkräfte werden sich in den nächsten zehn Jahren erheblich weiterentwickeln, da das Land die Anzahl seiner land-, see- und luftgestützten nuklearen Trägersysteme modernisiert, diversifiziert und erhöht.

• In den nächsten zehn Jahren wird sich Chinas Bestand an nuklearen Sprengköpfen, der derzeit auf etwa 200 geschätzt wird, mindestens verdoppeln, da China seine Nuklearstreitkräfte ausbaut und modernisiert.

• China strebt einen ‚nuklearen Dreiklang‘ mit der Entwicklung einer nuklearfähigen luftgestützten ballistischen Rakete (ALBM) und der Verbesserung seiner boden- und seegestützten nuklearen Fähigkeiten an.

• Neue Entwicklungen im Jahr 2019 deuten darauf hin, dass China die Bereitschaft seiner Nuklearstreitkräfte in Friedenszeiten erhöhen will, indem es zu einer ‚Launch-on-Warning‘-Haltung (LOW) mit einer erweiterten silobasierten Streitmacht übergeht.“

LOW bedeutet eigene Raketen zu starten, wenn der Gegner welche startet. Das ist auch nach Analyse der Amerikaner eine Defensivhaltung, die zwar zu schnellerer Reaktion führt, als wenn man darauf wartet, dass gegnerischen Raketen einschlagen, es ist aber nicht die von Tong Zhao behauptete Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen.

Ein Vergleich der nuklearen Sprengköpfe 2021 fällt auch deutlich aus: Russland 6255, USA 5550, China 350, Frankreich 290, GB 225. ( 8 )

Aber Tong Zhao führt weitere „Beweise“ für die Aggressivität Chinas auf:

Die ehemalige Minsk in Shenzen als Vergnügungspark. Sie war ein Vorläufer des, in der Ausführung ähnlichen, ersten chinesischen Flugzeugträgers Liaoning (ex rus Warjag) Foto I.K.

 

Frage: Um die Perspektive zu wahren: Die USA haben nach wie vor etwa zwölfmal so viele Atomsprengköpfe wie China. In anderen Bereichen hingegen, zum Beispiel bei den Seestreitkräften, holt China rasant auf.

Antwort: Schaut man sich die Zahl der Militärschiffe an, hat China bereits eine größere Zahl als die US-Marine. Aber rein qualitativ besitzen die USA noch immer die deutlich modernste Marinetechnologien. China holt allerdings sehr, sehr schnell auf.

Und die künftigen Entwicklungen sind aus US-Sicht wirklich besorgniserregend. Der derzeitige US-Militärhaushalt wird wohl auf absehbare Zeit stagnieren, nicht zuletzt gebremst durch die vielen Checks und Balances. China hingegen ist bereit, mehr Ressourcen zu investieren, auch weil die chinesische Öffentlichkeit die Rüstungsindustrie als Kerninteresse der Nation wahrnimmt. Sie ist vor öffentlicher Kontrolle weitgehend sicher.

Kommentar: Auch hier hilft ein Blick auf die realen Zahlen ( 9 ):

Typ

China 2020

China 2025

USA 2020

USA 2025

Atom U-Boote Raketen

6

9

18


U-Boote Raketen





Atom U-Boote Jagt

6

15

52


konvent. U Boote

56

55



Flugzeugträger

2

5

11


Kreuzer

4

10

22


Zerstörer

31

33

70


Fregatten

46

56

alle ausgemustert


Korvetten

24

61

19


Kommandoschiffe

2

3

2


Landungsschiffe

61

65

32


Chinesische Flugzeugträger sind von Schlagkraft und Größe keine Konkurrenz für die US Träger.

Bei den chinesischen Kreuzern und Zerstörern kann man nicht die gleich Trennschärfe anlegen wie bei den US-Schiffen, man könnte sie zusammen zählen. Aber auch dann ergibt sich nur ein Bild, das starke chinesische Küstenverteidigung zeigt (allenfalls wäre eine Invasion Taiwans möglich), aber Hochseeflotten, die man als Machprojektion einsetzen kann, wie es die USA regelmäßig tun, finden sich nicht. Das ändert sich auch nicht durch die unterstellte Stagnation der USA beim Kriegsschiffbau.

Frage: Und was passiert, wenn China dieses Ziel (das chinesische Militär überholt die USA als Nummer 1) erreicht hat?

Antwort: Dann wird Chinas militärische Überlegenheit die USA und ihre Verbündeten de facto davon abhalten, einzugreifen, wenn China seine nationalen Interessen durchsetzt. Nehmen wir das Beispiel Taiwan: Die Forderung nach nationaler Vereinigung mit Taiwan ist ein wichtiges Ziel der aktuellen politischen Führung. Ich glaube jedoch nicht, dass man einen verfrühten Konflikt anzetteln möchte. Solange nach wie vor Zweifel bestehen, ob die USA intervenieren können, ist Chinas Militär noch nicht stark genug. Wenn China jedoch eine offensichtliche militärische Überlegenheit erlangt hat, werden die USA wissen, dass sie diesen Konflikt nicht gewinnen können. Zu diesem Zeitpunkt kann China sein Ziel erreichen, ohne einen Schuss abzufeuern.

Und die jüngsten Entwicklungen haben Chinas Denken bestätigt: Da es bereits eine gewisse militärische Macht gesichert hat, brauchte es sich keine Sorgen vor einem gewaltsamen Eingriff aus dem Ausland zu machen, als es Maßnahmen zur Bewältigung der Situation in Hongkong ergriff.

Kommentar: Auch hier klingt die Haltung der CND deutlich defensiver als unterstellt:

„Die militärstrategische Leitlinie für eine neue Ära hält an den Prinzipien der Verteidigung, der Selbstverteidigung und der Reaktion nach einem Angriff fest und setzt auf aktive Verteidigung. Sie hält an der Haltung fest, dass ‚wir nicht angreifen werden, es sei denn, wir werden angegriffen, aber wir werden sicher zum Gegenangriff übergehen, wenn wir angegriffen werden‘, legt den Schwerpunkt auf die Eindämmung und den Gewinn von Kriegen und unterstreicht die Einheit von strategischer Verteidigung und Angriff auf operativer und taktischer Ebene.“

Frage: Welchen Weg wird China (stattdessen) im Umgang mit dem Westen wählen?

Antwort: Der Trend ist besorgniserregend: China hält es für nutzlos, mit dem Westen zu reden und im Dialog zu überzeugen. Vielmehr ist die Staatsführung davon überzeugt, dass sie die Meinung der westlichen Länder nur dadurch ändern kann, indem sie ihre Macht aufbaut. Denn Macht ist das Einzige, was der Westen respektiert. Dies bedeutet auch, dass es keinen innerchinesischen Konsens über Abrüstungskontrollen gibt, die Chinas militärische Entwicklung beschränken würden.

Kommentar: Was würde die CND antworten?:

„Entschlossenes Festhalten an den Zielen und Grundsätzen der UN-Charta

Als Gründungsmitglied der Vereinten Nationen und ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates unterstützt China unbeirrt die zentrale Rolle der Vereinten Nationen in internationalen Angelegenheiten und tritt entschlossen für das Völkerrecht und die grundlegenden Normen für die internationalen Beziehungen ein, die auf den Zielen und Grundsätzen der UN-Charta basieren. Es hält am Multilateralismus fest, fördert die Demokratie in den internationalen Beziehungen, beteiligt sich umfassend an der globalen Sicherheitssteuerung, setzt sich aktiv für Rüstungskontrolle und Abrüstung ein und ist bestrebt, chinesische Vorschläge zur Lösung wichtiger Fragen und zur Formulierung wichtiger Regeln zu unterbreiten.“

Dadurch, dass im Interview für die Linken positiven Reizworte gesetzt werden (Abrüstungskontrolle …) wirkt der Artikel fortschrittlich, während er aus meiner Sicht nichts mit chinesischen Positionen zu tun hat, sondern lediglich die Interessen der CIA an der Verschärfung des US-Konflikts mit China verfolgt und die westdeutsche Linke auf seine Seite ziehen will.

Ingo Krohn, 24. September 2021

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1 https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154028.china-und-der-westen-china-haelt-es-fuer-nutzlos-mit-dem-westen-zu-reden.html

2 Taz 6.7.21; Pressreader Luxemburg 6.7.21; Die Rheinlandpfalz 7.7.21; Die Presse 29.7.21; The World News Austria 29.7.21; sowie als Hinweis in mehreren Nachrichtenportalen

3 The State Council Information Office of the People's Republic of China. China's National Defense in the New Era – Chinas Landesverteidigung in der neuen A¨ra, Full Text, erschienen bei Xinhua | English.news.cn. Beijing: Foreign Languages Press, 2019. http://www.xinhuanet.com/english/2019-07/24/c_138253389.htm .

4 Ranking der 15 Länder mit den weltweit höchsten Militärausgaben im Jahr 2020 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten-militaerausgaben/

5 IWF Prognose: Top 10 Länder mit dem größten kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Jahren 2020 bis 2026 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/981785/umfrage/ranking-der-laender-mit-dem-groessten-kaufkraftbereinigten-bruttoinlandsprodukt-in-der-zukunft/

6 Tong Zhao (2019), What the United States can do to stabilize its nuclear relationship with China, Bulletin of the Atomic Scientists, 75:1, 19-24, DOI: 10.1080/00963402.2019.1555992

7 https://media.defense.gov/2020/Sep/01/2002488689/-1/-1/1/2020-DOD-CHINA-MILITARY-POWER-REPORT-FINAL.PDF

8 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36401/umfrage/anzahl-der-atomsprengkoepfe-weltweit/

9 https://www.globalsecurity.org/military/world/china/navy.htm , und https://de.wikipedia.org/wiki/United_States_Navy und https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Fregatten_der_United_States_Navy


   
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