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Benefizveranstaltung der UkraineKinderHilfe Augsburg, Teil 2Mit Vitali Klitschko hätte die Stadt ihren Ruf als Friedensstadt restlos demontiertAber auch der ukrainische Generalkonsul forderte in Augsburg militärische Unterstützung14.6.2015 In Teil 1 unserer Berichterstattung über die Benefizveranstaltung der UkraineKinderHilfeAugsburg ( 1 ) legten wir einen Schwerpunkt auf die Frage: Welche Aussichten haben die Kinder im Donbass, wie ist dort die Lage? Wir kamen zu dem Schluss, dass die Lage katastrophal bleibt, solange das Regime in Kiew den Krieg weiter bzw. erneut eskaliert und dabei noch in jeder Hinsicht von ausländischen Mächten wie USA, EU und NATO ermutigt und unterstützt wird. Anlass für unseren Artikel war eigentlich der Umstand, dass Vitali Klitschko in Augsburg angesagt war. Auch wenn er und auch Oberbürgermeister Kurt Gribl dann nicht kamen, gibt das Verhalten der Stadtverwaltung und der Stadtratsparteien doch Anlass zu einigen ernsten Überlegungen. Denn immerhin verlas der Generalkonsul der Ukraine im Innenhof des Maximilian-Museums im Beisein von Bürgermeister Stefan Kiefer eine Grußbotschaft von Vitali Klitschko. Der Generalkonsul ließ es sich auch nicht nehmen, sich gegenüber Augsburg TV martialisch zu äußern und nach militärischer Unterstützung für den Krieg des Kiewer Regimes zu rufen. Ganz ähnlich äußerte sich Vitali Klitschko bereits im Februar, als er nach Waffen aus dem Westen rief. Kritische Töne aus der Stadtverwaltung oder von den Rathausparteien waren nicht zu hören. Dabei müsste sich inzwischen doch herumgesprochen haben, dass Klitschko zusammen mit Jazenjuk und dem rechtsextremen Tjahnybok den Maidanputsch organisierte. In Osnabrück jedenfalls lehnte sich die rot-grüne Ratsmehrheit gegen eine Einladung Vitali Klitschkos auf und versuchte (vergeblich), eine Eintragung ins Goldene Buch der Stadt zu verhindern, die der Oberbürgermeister (CDU) vorgesehen hatte. Die Kooperation Klitschkos mit rechtsextremen Kräften wurde in Osnabrück, das sich wie Augsburg als Friedensstadt begreift, thematisiert. Bekannt wurde die Friedensstadt Osnabrück neben Münster auch als Ort der Unterzeichnung des Westfälischen Friedens 1648. Osnabrück hat seine Tradition und seinen Ruf als Friedensstadt bundesweit gefestigt, wie aus einem Artikel in der Welt hervorgeht: „In Osnabrück stellen sich SPD und Grüne dem Ex-Boxer in den Weg.… Der Vorwurf: er paktiere mit Rechtsradikalen“. Die Zeitung Die Welt : „Warum Vitali Klitschko eine deutsche Stadt spaltet“. Erfreuliches Engagement von Rot-Grün in Osnabrück, von dem Augsburg meilenweit entfernt istIn einer Ausgabe der Welt vom Februar fand sich die bemerkenswerte Überschrift: „Warum Vitali Klitschko eine deutsche Stadt spaltet. In Osnabrück stellen sich SPD und Grüne dem Ex-Boxer in den Weg. Sie wollen nicht, dass sich der Kiewer Bürgermeister ins Goldene Buch einträgt. Der Vorwurf: Er paktiere mit Rechtsradikalen“. ( 2 ) In der Friedensstadt Osnabrück gibt es offensichtlich starke Kräfte, die die Grundsätze der traditionellen Friedensgespräche der Stadt ernst nehmen, „den Frieden zu fördern und für Toleranz zu werben“. In Augsburg sind wir uns da nicht so sicher, ob der Anspruch als Friedensstadt von der Stadtverwaltung und den Rathausparteien tatsächlich ernst genommen wird oder nur als Marketinginstrument missbraucht wird. Jedenfalls war es seit dem 27. Mai durch einen größeren Artikel in der Augsburger Allgemeinen bekannt, dass Vitali Klitschko, Oberbürgermeister von Kiew, zur Benefizveranstaltung des Vereins Ukraine Kinderhilfe Augsburg (UKH) am 1. Juni erwartet wird. Der Homepage der UKH konnte man auch entnehmen, dass Oberbürgermeister Gribl zusammen mit Klitschko erwartet wurde. Nach Informationen der Vorsitzenden des Vereins UKH lief die Einladung von Vitali Klitschkos über den Oberbürgermeister der Stadt Augsburg. Daraus ist zu schließen, dass Oberbürgermeister Kurt Gribl zusammen mit Vitali Klitschko, dem Oberbürgermeister von Kiew, wohl zur Benefizveranstaltung des Vereins Ukraine Kinderhilfe Augsburg gekommen wäre. Nachdem weder Klitschko noch Gribl kamen, war auf jeden Fall Stefan Kiefer, der dritte Bürgermeister, als Repräsentant der Stadt anwesend. Und stellvertretend für Klitschko verlas der Generalkonsul der Ukraine Vadym eine Grußbotschaft Klitschkos am Abend des 1. Juni im Innenhof des Maximilian-Museums. Insofern muss sich die Stadtspitze durchaus eine gewisse Akzeptanz der politischen Linie Klitschkos und seiner Vorgeschichte zurechnen lassen. Dies gilt auch für den Generalkonsul Kostiuk. Was die Welt über den Osnabrücker Eklat mit Klitschko berichtet, ist bemerkenswert. Die Welt schreibt ( 3 ):
Die Welt verweist in ihrem Artikel als Quelle auch auf die Osnabrücker Zeitung ( 4 ). Diese schreibt:
In den Zuschriften zum Artikel in der Osnabrücker Zeitung finden sich solche wie: „Dass Herr Klitschko sich mit der Swoboda-Partei gemein gemacht hat und nicht klar die Grenze gewahrt hat, ist unverzeihlich und sollte nicht noch mit einem Empfang und Eintrag in das goldene Buch honoriert werden. Wer Faschisten salonfähig macht, sollte auch die Konsequenzen zu spüren bekommen.“ Geteilt wird die Kritik auch vom Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Rathaus, Frank Henning. „Man paktiert nicht mit Faschisten, man arbeitet nicht mit ihnen zusammen“, sagte Henning, der auch Landtagsabgeordneter ist – so berichtet die dortige Kreiszeitung. ( 5 ) (von links): Die Oppositionsfuhrer Oleh Tyahnybok, Arseniy Yatsenyuk und Vitali Klitschko sprechen am 27. November 2013 vor Demonstranten Ivan Bandura CC BY 2.0 Quelle Massive Kritik an Klitschko in Osnabrück – ein ausführlicher Bericht bei TelepolisOffensichtlich gab es massiven öffentlichen Protest gegen die Veranstaltung mit Klitschko in Osnabrück, zu der 1100 Personen kamen. Dies zeigt zum Beispiel ein Foto, das Telepolis veröffentlicht. In dem Artikel von Telepolis erfährt man weitere Details, die wir hier auszugsweise zitieren wollen ( 6 ):
In diesem langen Zitat aus Telepolis erfährt man so einiges. Ein paar Punkte davon wollen wir hier vertiefen. Das wären zunächst der rechtsradikale Polizeichef in Kiew, dessen Oberbürgermeister Vitali Klitschko heißt. Das wären die militärischen Attacken der Kiewer Regierung auf den Osten der Ukraine, an denen Klitschko wohl nicht nur politisch und ideologisch beteiligt ist, sondern auch mit der Finanzierung von sogenannten Freiwilligenbataillonen. Und das wäre die Rolle der Konrad-Adenauer-Stiftung, die bekanntermaßen Klitschko und seine Partei UDAR aufgebaut hat, während Klitschko behauptet, er finanziere seine Partei selbst – ohne offenzulegen, von wem er das Geld hat. Der rechtsradikale Polizeichef in KiewDie folgenden Fakten trug einer unserer Redakteure, der die FAZ ausführlich liest, zusammen: Der Innenminister der Ukraine Awakow hat im letzten Jahr Wadim Trojan, einen bekannten Rechtsradikalen, zum Polizeichef Kiews ernannt. Im Mai 2014 hat Trojan sich dem berüchtigten Freiwilligenbataillon „Asow“ angeschlossen, unter dessen Kämpfern laut FAZ vom 24.11.2014 „rechtsradikale und rassistische Weltanschauungen sehr verbreitet“ sind. Trojan hatte sich zum stellvertretenden Kommandeur hochgearbeitet und ist für seine Verdienste an der Front vom Innenminister zum Oberleutnant ernannt und mit dem Posten des Polizeichefs von Kiew belohnt worden. Vor 10 Jahren war er Mitglied der neonazistischen Organisation „Patriot der Ukraine“, die sich während der Proteste auf dem Majdan dann dem rechtsextremen „Rechten Sektor“ anschloss. Die Mitglieder des „Patriot der Ukraine“ haben sich schon früher durch ausländerfeindliche Übergriffe und die Verteilung von Hitlers „Mein Kampf“ hervorgetan. Die Führer der Gruppe werden vom deutschen Osteuropahistoriker Andreas Umland als „ausdrücklich biologische Rassisten“ bezeichnet, die „offen den Ariermythos“ propagierten. Und Ann-Dorit Boy fügt in ihrem FAZ-Artikel deutlich an: „Umland vermutet deshalb, dass auch Trojan, der nach seinen Informationen zur Führungsriege der Organisation gehörte, solche Ansichten vertritt.“ Klitschko hat sich bis heute nicht von Trojan distanziert und nichts unternommen, die Abberufung des Polizeichefs durchzusetzen. Klitschko steht für ein System, das sich bei der Aufklärung der Morde auf dem Majdan „unkooperativ und in mancher Hinsicht obstruktiv“ verhalten hat. Diese Einschätzung stammt von einer internationalen Beratergruppe, die vom Generalsekretär des Europarats eingesetzt worden war (FAZ v. 1. 4. 2014). Die Überschrift der FAZ am 1. April ist kein Aprilscherz: „Ukrainische Behörden sollen Aufklärung der Majdan-Morde behindert haben.“ Und in ihrem Kommentar wirft Ann-Dorit Boy der Regierung der Ukraine „Verrat an europäischen Werten“ vor. Nicht nur die für Putin-Sympathien unverdächtige FAZ, sondern auch die genauso russlandkritische „Welt“ ist langsam von der ukrainischen Regierung enttäuscht. Am 21. März konnten wir dort lesen: „Die Ukraine bekommt vom Westen mehr Geld. Im Gegenzug liefert Kiew gar nichts und macht auch wenig Hoffnung, dass sich das bald ändert.“ Die erschreckendste Nachricht kommt aber vom WDR. Vor zwei Wochen berichtete das 3. Programm ( 7 ) , dass tschetschenische Dschihadisten des Islamischen Staates am Kampf gegen die Separatisten in der Ost-Ukraine beteiligt sind – mit Wissen ukrainischer Freiwilligen-Bataillone und ukrainischer Militärstellen. Und die ukrainische Regierung fordert immer dringender Visa-Freiheit! Für IS-Terroristen? Vitali Klitschko forderte in Osnabrück Waffen und Geld für einen Krieg gegen RusslandEs ist schon sehr bezeichnend, dass Vitali Klitschko in Osnabrück die Einladung zu den städtischen Friedens gesprächen missbrauchte, um in der Osnabrücker Zeitung ( 8 ) Waffen und Geld zu fordern, um den Krieg im Osten der Ukraine und gegen Russland fortzuführen:
Solche Dinge scheint man von Klitschko ständig zu hören. So etwas hätte man von Klitschko auch in Augsburg zu hören bekommen, und es gibt anscheinend niemanden in der Stadt, den das im Vorfeld gestört hätte, als man noch annehmen musste, dass Klitschko tatsächlich kommt. Auch der ukrainische Generalkonsul ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, anlässlich der Benefizveranstaltung der ukrainischen Kinderhilfe gegenüber a.tv in das gleiche Horn zu stoßen:
Wenigstens nachträglich hätte man von Stefan Kiefer einen Protest erwartet. Klitschko belässt es nicht dabei, Waffen und Geld für den Krieg im Osten der Ukraine zu fordern, sondern finanziert persönlich ein eigenes Bataillon, so wie er – nach eigener Aussage in Osnabrück – auch seine Partei UDAR persönlich finanziert. Hier stellt sich schon die Frage nach seinen Geldquellen. Es gibt auch Korruptionsvorwürfe in den Medien gegen Klitschko. Jedenfalls scheint Augsburg und auch Oberbürgermeister Gribl Glück gehabt zu haben, dass Klitschko seinen Besuch absagt, sonst hätte die Friedensstadt wahrscheinlich, so wie auch Osnabrück, bundesweite Schlagzeilen gemacht. Aber es wäre zu befürchten gewesen, dass sich Augsburg mit Klitschko noch gebrüstet hätte und seinen Ruf als Friedensstadt demontiert hätte, während in Osnabrück die Friedensbewegung, die Linke und auch Rot-Grün für eine Ehrenrettung der Friedensstadt Osnabrück gesorgt haben. Peter Feininger, 14. Juni 2015
1 https://www.forumaugsburg.de/s_2kommunal/Friedensstadt/ 150604_benefizveranstaltung-der-ukrainekinderhilfe-augsburg-1 /index.htm 2 Exner, Ulrich. „Warum Vitali Klitschko eine deutsche Stadt spaltet“. Welt Online, 24. Februar 2015. http://www.welt.de/politik/deutschland/article137801363/Warum-Vitali-Klitschko-eine-deutsche-Stadt-spaltet.html . 3 Ebd. 4 „Ukraine-Konflikt schlägt Wellen in Osnabrück. SPD: Klitschko soll sich nicht ins Goldene Buch eintragen“. Osnabrücker Zeitung, 20. Februar 2015. http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/549144/spd-klitschko-soll-sich-nicht-ins-goldene-buch-eintragen . 5 „Knatsch in Osnabrück: Streit um Besuch von Vitali Klitschko | Niedersachsen“. kreiszeitung.de, 23. Mai 2015. http://www.az-online.de/lokales/niedersachsen/knatsch-osnabrueck-streit-besuch-vitali-klitschko-4852827.html?cmp=defrss . 6 Korinth, Stefan. „Klitschko: ‚Wir gehören zum Westen‘.“ Telepolis, 28. März 2015. http://www.heise.de/tp/artikel/44/44519/ . 7 http://www1.wdr.de/fernsehen/dokumentation_reportage/die_story/sendungen/brueder-des-jihad-hintergrundbericht-100.html 8 „Klitschko: Ukraine braucht Waffen für den ‚Kampf um die europäische Zukunft‘.“ Sputnik Deutschland - Nachrichten, Meinung, Radio, 26. März 2015. http://de.sputniknews.com/politik/20150326/301657516.html . 9 http://www.augsburg.tv/mediathek/page/2/video/ukrainekinderhilfe-augsburg/ Link inzwischen nicht mehr verfügbar
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