Bürgerschaftliches Engagement und Justitia

Die Forderung der BÜRGERAKTION zu Sozialwohnungen auf dem Dierig-Areal bedroht die Stadtverwaltung mit dem Kadi, widerspricht aber nicht dem Vorwurf der Vorzugsbehandlung

Pressemitteilung der Bürgeraktion Pfersee „SCHLÖSSLE“ e.V.

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Anlässlich der Sitzung im April 2018 wandte sich die BÜRGERAKTION PFERSEE an die Bauausschussmitglieder mit einem offenen Brief und dezidierter Kritik an der Sitzungsvorlage zum Bebauungsplan „Dierig-Flächen“. Doch statt eine einzige der aufgeworfenen Fragen zu beantworten, erstickte der Baureferent jegliche Diskussion zum Beratungsgegenstand mit der Androhung juristischer Schritte gegen die „Whistleblower“ aus Pfersee wegen des Verrates geheimer Absprachen aus städtebaulichen Verträgen.

Da für die BÜRGERAKTION PFERSEE der Vorbehalt schwebender Verfahren aber inakzeptabel ist, wandte sie sich an den Oberbürgermeister mit der Bitte um ein klärendes Gespräch mit der Position: Falls die Stadt berechtigten Anlass zur Klage sieht, möge sie ein Verfahren, welcher Art auch immer, umgehend einleiten. Falls die juristische Prüfung diesbezüglich aber keine Anknüpfungstatsachen ergibt, bestehe man auf einer Ehrenerklärung in den involvierten Gremien und gegenüber der Presse.

„Bisher müssen wir davon ausgehen, dass die Stadtspitze den für sie peinlichen Vorgang aussitzen will, da unser Gesprächsangebot nicht angenommen wird,“ berichtet der Vorsitzende der BÜRGERAKTION Dietmar Egger. „Und wenn die Stadtverwaltung den Sachverhalt geprüft hätte, bevor sie die Backen aufbläst, hätte sie feststellen können, dass unsere brisanten Informationen längst auf dem Markt waren, aber bisher leider nur auf Desinteresse gestoßen sind. Die anstehenden Sitzungen von Bauausschuss und Stadtrat bieten deshalb eine passende Gelegenheit zu jedweder Klarstellung.“

Die dünnhäutige Reaktion lässt den stellvertretenden Vorsitzenden Jens Wunderwald denn auch vermuten, dass die BÜRGERAKTION hier einen wunden Punkt getroffen hat: „Kann es sich eine Stadt, deren Einkünfte nicht zur Erfüllung von Pflichtaufgaben reichen, wirklich leisten, wiederholt darauf zu verzichten, die Wertsteigerung bei der Umwandlung von nicht mehr genutzten Gewerbeflächen in hochwertiges Bauland abzuschöpfen, wie es die bayerische Verfassung aus guten Gründen vorsieht?“

Und so wirft die BÜRGERAKTION weiterhin Fragen auf:

• Warum darf die Öffentlichkeit nicht erfahren, wenn ein Investor aus der – rechtlich eindeutig verankerten – Verpflichtung entlassen wird, einen Kindergarten zu bauen?

• Warum darf die Öffentlichkeit nicht erfahren, ob für den Entfall dieser Verpflichtung jemals Ausgleichszahlungen verlangt wurden?

• Warum setzt die Stadtspitze die Selbstverpflichtung eines 30-%-Anteils an Sozialwohnungen nicht einmal auf Industriebrachen um?

• Warum kuscht der gesamte, mit Juristen nicht unterbesetzte, Bauausschuss? – Nicht ein Mitglied forderte eine dezidierte Befassung mit den konkreten Hinweisen der BÜRGERAKTION auf – zugunsten der Stadt nutzbare – Gesetzesgrundlagen und die angeprangerten Mauscheleien ein.

• Und fällt nur der BÜRGERAKTION auf, dass die Stadt unzureichende Anteile an gefördertem Wohnraum bei der Umwandlung von Flächen der vielfach verwobenen Firmen Dierig und Martini akzeptiert, in zeitlicher Nähe zur Errichtung einer Theater-Ersatzspielstätte im Martini-Park?

Pressemitteilung vom 8. Juni 2018, Bürgeraktion Pfersee „SCHLÖSSLE“ e.V.

von Dietmar Egger

Anmerkung: Dietmar Egger wies uns auf einen Beschluss des Gemeinderats von Unterföhring vom 14. Dezember 2017 hin, der sich erfreulich vom Bescheid der Augsburger Bauverwaltung abhebt. „GRUNDSATZBESCHLUSS des Gemeinderat Unterföhring zu Verfahrensgrundsätzen der sozialgerechten Bodennutzung“. Gemeinde Unterföhring, 21. Dezember 2017. http://www.unterfoehring.de/fileadmin/PDF/Satzungen_und_Verordnungen/17-00086_Grundsatzbeschluss.pdf


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Anlagen:

1. offener Brief an Bauausschuss
2. Brief mit Gesprächsanfrage an OB
3. Stabilisierende Instrumente lt. Organigramm offensive Wohnraum der Stadt Augsburg

Kontakt: Dietmar Egger – Egelseestraße 9, 86157 Augsburg, Telefon 448 15 90


1. An die Mitglieder*innen im Bauausschuss

Bebauungsplan Nr. 289 A Dierig-Flächen – Billigungs- und Auslegungsbeschluss –
offener Brief

19. April 2018, Bürgeraktion Pfersee

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

heute nachmittag wird lt. Tagesordnung der Bebauungsplan Nr. 289 beraten und über den flankierenden städtebaulichen Vertrag abgestimmt.

Wir halten den Bebauungsplan in der aktuellen Fassung aber für eine Bankrotterklärung in Sachen städtischer Wohnungsbaupolitik und ein fatales ordnungspolitisches Signal. Wir halten daher die Absetzung dieses TOPs und eine gründliche Überarbeitung der Vorlage für erforderlich.

Begründung

In völliger Verkennung der jüngeren Historie der Dierig-Flächen geht die Beschlussvorlage offenbar davon aus, dass der Investor für frühere Baumaßnahmen entschädigt werden müsste und dispensiert sogar von bereits bestehenden vertraglichen Vereinbarungen.

Während die Vorlage zur Beurteilung der „sozialen Komponente“ das gesamte ehemalige Firmenareal heranzieht, wird als Basis aller Folgekostenbetrachtungen lediglich das Neubauvolumen herangezogen.

Trotzdem die ersten Bauabschnitte keine einzige öffentlich geförderte Wohnung aufweisen, begnügt sich die Vorlage mit einem lediglich 15-%-Anteil an der neu hinzukommenden Geschossfläche. Dieser Ansatz unterschreitet nicht nur die, als angestrebt propagierte, 30-%-Marge an Sozialwohnungen, sondern lässt fahrlässig die Chance fahren Versäumnisse der ersten Bauabschnitte zu kompensieren.

Bereits der städtebauliche Vertrag zum BP Nr. 289 beinhaltet außerdem die Bauverpflichtung für eine KiTa auf dem Gelände, die weder erfüllt, noch jemals zu Gunsten der Stadt kompensiert wurde. Lediglich den Eigentümern wurden Folgekosten erlassen – mit Verweis auf eine eingemietete Betreuungseinrichtung.

Dieser Kostenerlass deckt aber keinerlei Bedarfe, die die bisherige Bebauung (mit etwa vergleichbarem Volumen wie die geplante Neubebauung) bereits ausgelöst hat. Eine Bedarfsermittlung von Krippen- bis Grundschulplätzen muss sich also ebenfalls auf das Gesamtareal beziehen. Die angeführte Unterkunft für UM-Flüchtlinge kompensiert keinen dieser Bedarfe und stellt lediglich einen Ersatzmieter in dem ehemaligen Kantinentrakt.

Wie erinnern daran, dass die die Überbauung von Firmenparkplatz, Sportplatz und Kleingartenanlage mit dem Seniorenzentrum an der Pater-Roth-Straße zu einer Zeit erfolgte als dieses Immobiliensegment als eines von wenigen nachgefragt wurde. Die geplanten Eigentumswohnungen entlang der Spicherer Straße wurden in Folge dessen ebenfalls sämtlich für Betreutes Wohnen ausgerichtet. Einbußen sind aus diesen jeweils lukrativen und unseres Wissens keineswegs gesponserten Nutzungen jedenfalls nicht zu erkennen.

Wann, wenn nicht anlässlich der beabsichtigten Umwandlung nicht mehr benötigter Betriebsflächen, will die Stadt denn den Einstieg in eine sozial verantwortliche Wohnungsbaupolitik beginnen?

Wir fordern daher eine konsequente Abschöpfung der Planungszugewinne zugunsten der Kommune. Unter Ausnutzung des Vorkaufsrechtes nach § 25 a BauGB haben Sie hier die Möglichkeit Flächen, z.B. für die WBG, zum Gewerbeflächenpreis dauerhaft zu sichern, statt über Wohngeldtransfer Privatinvestitionen dauerhaft zu alimentieren.

 

2. An den Oberbürgermeister der Stadt Augsburg

Herrn Dr. Gribl
Rathausplatz 2
86150 Augsburg

Per Mail vorab

Bebauungsplan Nr. 289 A Dierig-Flächen


19. Mai 2018

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

in der Ausgabe vom 17.05.18 wurde in der Augsburger Allgemeinen berichtet, dass sich die Stadt Augsburg, anlässlich unserer Einwendungen zu o.g. Bebauungsplan, rechtliche Schritte gegenüber unserem Verein, respektive namentlich den Vorsitzenden Herrn Egger, vorbehält.

Wir bitten zu dieser Thematik um ein klärendes Gespräch und einen kurzfristigen Terminvorschlag Ihrerseits. Zu unserer Position: Falls die Stadt berechtigten Anlass zur Klage sieht, möge sie ein Verfahren, welcher Art auch immer, umgehend einleiten. Ein Schwebezustand ist für uns dagegen nicht akzeptabel. Falls die juristische Prüfung diesbezüglich aber keine Anknüpfungstatsachen ergeben hat, bestehen wir auf eine vollständige Wiederherstellung unserer Reputation in den involvierten Gremien und gegenüber der Presse. Da seit der veranlassenden Beratung im Bauausschuss, bzw. seit unserem Schreiben, bereits ein Monat vergangen ist, muss die eindrücklich avisierte, juristische Prüfung bereits zu einem Ergebnis gelangt sein, das uns und der Öffentlichkeit nun auch offenbart werden kann. Wir gehen daher davon aus, dass uns eine Zu- oder Absage im Lauf der KW 21 erreicht. Wir weisen in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass eine Bitte um ein klärendes Gespräch (per Mail vom 19.4.) vom Baureferenten nicht beantwortet wurde.

Mit freundlichen Grüßen

Dietmar Egger



3. Organigramm Offensive Wohnraum der Stadt Augsburg


Stabilisierende Instrumente laut Organigramm Offensive Wohnraum der Stadt Augsburg

 


   
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